2. Februar 2022
Gibt es eine friedliche Lösung? Natürlich, wenn Vernunft an die Stelle von Bedrohungen, Vertrauen an die Stelle von Unterstellungen tritt. Um zu einer friedlichen Regelung zu gelangen, ist zu fragen, was denn die Kernpunkte der Interessen der Beteiligten sind. Die Russen wollen Sicherheit und Respekt, die Ukrainer Garantien für ihre Unabhängigkeit, die Europäer Stabilität und Kooperation. Das ließe sich durchaus miteinander vereinbaren. Beispiele dafür gibt es: Österreich ist eines davon und hat bewiesen, dass es imstande ist, seine Souveränität wiederzuerlangen. Dazu wäre allerdings erforderlich, dass nicht nur Amerikaner und Russen, sondern auch Europäer und Ukrainer am Tisch sitzen, um eine Lösung zu erarbeiten.
Denn es geht nicht nur darum, eine Krise zu bereinigen, sondern eine langfristig sinnvolle Kooperation anzustreben. Emmanuel Macrons Idee eines Sicherheitsrates für Europa sollte dabei ebenso verfolgt werden wie die Idee einer Freihandelszone von Lissabon bis Wladiwostok. Das wäre machbar, sollte von den Verantwortlichen aber auch gemacht werden. Putin sagte zu mir: „Wenn es uns gelingt, Sicherheit und Wohlstand zwischen uns zu schaffen, sind wir gemeinsam stärker. Wenn uns jedoch Europa die Türe vor der Nase zuschlägt, müssen wir uns den Chinesen zuwenden.“
In diese Richtung sind die Russen bereits unterwegs. Zu wenige erkennen das, und wenn es ihnen eines Tages bewusst wird, wird es zu spät sein. Wenn sich jedoch China und Russland verbünden, dann schaut es schlecht aus für die westliche Welt. Und wenn dann auch noch ein Donald Trump im Weißen Haus sitzt, steht Europa vollends alleine da.
Wir haben daher alle Gründe, aus der europäischen Lethargie aufzuwachen, unser Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und in guter Kooperation mit allen anderen Teilen der Welt die Zukunft Europas und damit auch Österreichs abzusichern. Das ist möglich, und Europa sollte es tun – besser heute als morgen.