IWS-GF PROF. GOTTFRIED KNEIFEL
11. April 2020
„Wie bringen wir – nach mehreren Wochen Shutdown – unsere Wirtschaft wieder zum Laufen? Wie geht es nach der Corona-Krise weiter? Welche – neuen – Rahmenbedingungen, Impulse und Anreize sind dazu erforderlich?”
Alles Fragen über Fragen, auf die unsere Unternehmen sehnsüchtig Antworten erwarten. Als Initiative Wirtschaftsstandort OÖ wollen wir zum Wettbewerb der besten Ideen beitragen. Schreiben Sie uns – je kürzer umso besser – via Mail an office@iwsooe.at …
Staatsfinanzen nach Corona: Wettbewerbsfähig bleiben, Arbeit schaffen, Ortskerne stärken
Von IWS-GF Prof. Gottfried Kneifel, ehemaliger Präsident des Bundesrates
Der reflexartige Ruf nach saftigen Steuererhöhungen und Einführung neuer Steuern ist nicht nur ein untaugliches Rezept zur Refinanzierung der Corona-Milliardenhilfen, sondern höchst wettbewerbsschädlich für den Wirtschaftsstandort. Österreich ist zu 60 Prozent bei der Wohlstandsicherung auf Exporte angewiesen und kann deshalb keine steuerpolitischen Alleingänge verkraften. Österreich braucht vielmehr kreative Anreize zu mehr Investitionen für mehr Leistung und Fairness, um die Ziele – gesunde Staatsfinanzen – bei mehr Investitionen und Beschäftigung zu erreichen.
Dazu zwei konkrete Vorschläge aus der IWS-Forschungsarbeit:
• Fairness zwischen stationärem Handel und ausländischen Online-Versand-Konzernen
Mehr Fairness bei der Einhebung der Mehrwertsteuer zwischen dem österreichischen stationären Handel in den Ortszentren und den internationalen Online-Versandhandel-Konzernen bei der Bezahlung der Mehrwertsteuer. Während die kleinen Händler monatsfertig ihre Steuer abliefern müssen, entgehen dem Fiskus wegen des löchrigen Abgabesystems derzeit rund 800 Millionen Euro Abgabenschulden von Online-Konzernen, wie der Linzer Volkswirt und Uni-Professor DDr. Friedrich Schneider errechnet hat.
Die IWS hat gemeinsam mit dem Linzer Zoll-Software-Unternehmen MIC eine unbürokratische und praktikable Lösung erarbeitet, mit dem auch internationale Versand-Konzerne, die von den österreichischen Kunden bereits bezahlte Mehrwertsteuer tagfertig für die Finanz feststellen ließe. Bevor man über neue Steuern nachdenkt, sollen zuerst fällige, aber bisher nicht abgelieferte Steuern, an den Fiskus bezahlt werden! Diese Maßnahme wäre auch ein Beitrag zur Fairness und Steuergerechtigkeit gegenüber den kleinen Handelsbetrieben in den Gemeinden.
• Nachhaltige Steuer-Anreize für Althaus-Sanierungen im verbauten Gebiet
Während die Bodenversiegelung in den Randzonen der Orte immer rasanter voranschreitet, verfallen in den Stadt- und Ortskernen immer mehr Altbauten – oft sogar denkmalgeschützt und Teil der Identität und Unverwechselbarkeit unserer Orte. Konkrete Impulse dafür sind bereits im Entwurf der oberösterreichischen Raumordnungs-Gesetznovelle von Landesrat Markus Achleitner enthalten.
Viele Investoren stehen bereit, auch privates Geld in die Althaus-Sanierung zu investieren, wenn der Staat dazu Anreize aussenden würde. Österreich versiegelt jährlich 0,5 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche, während Deutschland nur 0,25 Prozent verbraucht.
Gemeinden müssten keine neue Versorgungsstränge für Strom, Fernwärme, Telekom, Kanal, Wasser oder Internet ins Grünland bauen. Ganz im Gegenteil: Althaussanierung ist nachhaltige Wertschöpfung und ein Gewinn für die öffentlichen Kassen einerseits und bringt gewaltige Effekte für Arbeit und Beschäftigung. Denn von den 100 Prozent Gesamtinvestitionen entfallen beispielsweise bei Denkmalschutzbauten nur zehn Prozent auf Materialkosten und 90 Prozent auf Lohnkosten. Das bedeutet konkret, dass von einer Million Euro Investition rund 600.000 Euro an Steuern, SV-Abgaben, Gebühren etc. zurückkommen. Summiert man alle Abgaben, Steuern, Beschäftigungs- und Konjunktur-Effekte, dann ist die Sanierung historischer Bauten für den Fiskus sogar ein Geschäft.
Freilich muss auch die Liebhabereiverordnung entsorgt werden, genauso wie auch manche technische Bauvorschriften, die für Sanierungen in historischen Bauten derzeit noch ebenso gelten wie bei der Errichtung von Neubauten. Mehr Wohnraum, mehr Arbeitsplätze, weniger Bodenverbrauch und Klimawandel, geringere öffentliche Infrastrukturkosten und attraktive Tourismus-Ziele wären nachhaltige positive Effekte.