23. Juni 2025
Anpassung von 140 Gesetzen an das neue Grundrecht auf Information
Wien (PK) – Am 1. September treten das neue Informationsfreiheitsgesetz und begleitende Verfassungsbestimmungen in Kraft. Damit wird nicht nur die Amtsverschwiegenheit endgültig aus der Verfassung gestrichen, auch die Auskunftspflichtgesetze des Bundes und der Länder werden hinfällig. Künftig ist im Informationsfreiheitsgesetz bzw. in Artikel 22a B-VG geregelt, welche Informationen zu veröffentlichen bzw. zu erteilen sind und in welchen Fällen sich Behörden und öffentliche Stellen weiterhin auf Geheimhaltungspflichten berufen können. So sind Auskünfte etwa dann zu verweigern, wenn dadurch die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet würde, dies zur Abwehr eines erheblichen wirtschaftlichen oder finanziellen Schadens geboten ist oder zwingende integrations- und außenpolitische Gründe das erfordern. Auch Rechte Dritter wie der Datenschutz und das Urheberrecht sind zu beachten. Ebenso bleiben Dokumente, die der Vorbereitung einer Entscheidung dienen, vertraulich.
Kurz vor Inkrafttreten der neuen Bestimmungen hat die Regierung dem Nationalrat nun eine umfangreiche Sammelnovelle (129 d.B.) und zwei ergänzende Gesetzentwürfe vorgelegt, mit der insgesamt 140 Gesetze an die neue Rechtslage angepasst werden sollen. Die Liste reicht dabei vom Amtshaftungsgesetz über das Epidemiegesetz bis hin zum Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz, wobei es in erster Linie darum geht, Verweise auf die Amtsverschwiegenheit aus den Gesetzen zu streichen und stattdessen die neuen verfassungsgesetzlichen Vorgaben terminologisch und inhaltlich zu implementieren. In diesem Zusammenhang werden auch einzelne Berichtspflichten neu geregelt und datenschutzrechtliche Bestimmungen angepasst. Für die getrennt vorgelegte Novelle zum Bankwesengesetz (134 d.B.) wird im Nationalrat eine Zweidrittelmehrheit benötigt, die Änderung des Bildungsdirektionen-Einrichtungsgesetzes (130 d.B.) bedarf vor der Kundmachung der Zustimmung der Länder.
Änderung des Strafgesetzbuchs
Konkret wird im Justizbereich etwa der aktuelle §310 StGB – “Verletzung des Amtsgeheimnisses” – durch die neue Strafbestimmung “Verletzung einer Pflicht zur Geheimhaltung” ersetzt. Diese Strafbestimmung soll dann zur Anwendung kommen, wenn Beamt:innen oder ehemalige Beamt:innen Informationen erteilen oder verwerten, zu deren Geheimhaltung sie gesetzlich verpflichtet sind, und dadurch ein öffentliches oder überwiegendes berechtigtes privates Interesse gefährdet ist, wobei Strafandrohung von bis zu drei Jahren dieselbe bleibt.
Entsprechende Anpassungen sind auch im Beamten-Dienstrechtsgesetz und im Vertragsbedienstetengesetz erforderlich: Statt auf die Amtsverschwiegenheit zu verweisen, werden künftig jene Tatbestände, die laut Verfassung weiterhin zu Geheimhaltung verpflichten, explizit aufgezählt.
Veröffentlichung von Förderungen ab 1.500 €
Größere inhaltliche Änderungen sind im Transparenzdatenbankgesetz vorgesehen. Angelehnt an die im Informationsfreiheitsgesetz verankerte Bestimmung, wonach Verträge ab einem Wert von 100.000 € künftig jedenfalls zu veröffentlichen sind, sollen ab September auch sämtliche staatlichen Förderungen, die nicht an Privatpersonen gehen, der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden, wobei ein Schwellenwert von 1.500 € vorgesehen ist. Unternehmen bzw. Unternehmer:innen, die höhere Subventionen erhalten, werden im Transparenzportal namentlich ausgewiesen. Dabei sind auch Steuererleichterungen und Sachleistungen umfasst. Die Daten sind monatlich zu aktualisieren und werden – zur Wahrung der datenschutzrechtlichen Verhältnismäßigkeit – begrenzt auf fünf Jahre bereitgestellt.
Begründet wird dieses Vorhaben von Finanzminister Markus Marterbauer damit, dass Förderungen aus Steuergeldern finanziert werden und das Interesse der Allgemeinheit auf transparente Information höher zu bewerten ist als persönliche Interessen von Subventionsempfänger:innen auf Geheimhaltung. Auch auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs und Empfehlungen des Rechnungshofs wird in den Erläuterungen verwiesen. Zudem seien bestimmte Förderungen schon bisher veröffentlicht worden, macht das Finanzministerium geltend.
Darüber hinaus soll der Datenbestand der Transparenzdatenbank erweitert und die Datenqualität verbessert werden. So wird eine Rechtsgrundlage für die Erfassung von Steuererleichterungen geschaffen, nachdem derzeit nur “ertragssteuerliche Ersparnisse” umfasst sind. Außerdem sollen Zuschüsse von Gebietskörperschaften auch dann als “Gesellschafterzuschüsse” gewertet werden, wenn die jeweilige Kapitalgesellschaft nicht zu 100 % im Besitz der öffentlichen Hand steht. Adaptierungen bei den Abfrageberechtigungen und beim Datenaustausch haben unter anderem zum Ziel, unerwünschte Mehrfachförderungen zu vermeiden.
Die bisherige Bestimmung, wonach alle über das Transparenzportal abgerufenen Daten jedenfalls der Geheimhaltung unterliegen, entfällt, wobei der vertrauliche und zweckgebundene Umgang mit den abgefragten Informationen davon nicht berührt ist, wie in den Erläuterungen festgehalten wird. Die berechtigten Interessen der betroffenen Personen sind demnach weiterhin zu wahren. In der Bundesabgabenordnung wird sichergestellt, dass die Geheimhaltungspflichten künftig nicht jenen Umfang überschreiten, der verfassungsrechtlich zulässig ist.
Kein Eingriff in ärztliche Verschwiegenheitspflichten
Was die Bereiche Soziales und Gesundheit betrifft, weist die zuständige Ministerin Korinna Schumann darauf hin, dass erforderliche Geheimhaltungspflichten – etwa im Rahmen von amtlichen Kontrollen – weiterhin gewährleistet bleiben. Das betrifft auch ärztliche Verschwiegenheitspflichten und ähnliche Regelungen. Auch sensible Informationen im militärischen Bereich unterliegen laut Verteidigungsministerin Klaudia Tanner weiterhin der Geheimhaltung. Beim Abschnitt Familie wird in den Erläuterungen ausdrücklich erwähnt, dass die Verpflichtungen des Informationsfreiheitsgesetzes auch für die Bundesstelle für Sektenfragen und für die Familie & Beruf Management GmbH gelten.
Weitere Anpassungen
Die umfangreiche Sammelnovelle wird darüber hinaus für einzelne Anpassungen genutzt, die nicht in direktem Zusammenhang mit dem Informationsfreiheitsgesetz stehen. So will die Regierung etwa durch eine Änderung des Jugendgerichtsgesetzes sicherstellen, dass die Pflegschaftsgerichte wieder über Anzeigen gegen Jugendliche bzw. die Einleitung strafrechtlicher Ermittlungsverfahren verständigt werden. Die einfachgesetzliche Ermächtigung für die Informationsübermittlung sei im Zuge der Reform der Strafprozessordnung 2007 offenbar unbeabsichtigt entfallen, wird dieser Schritt begründet. Überdies wird auf “dringende Bedürfnisse” der Praxis verwiesen. In diesem Sinn soll der Informationszugang für die Pflegschaftsgerichte auch erweitert werden. Ein EuGH-Urteil zur Praxiszeit von Rechtsanwaltsanwärter:innen macht darüber hinaus Änderungen in der Rechtsanwaltsordnung erforderlich.
Im Verfassungsgerichtshofgesetz soll unter anderem die Bestimmung ersatzlos gestrichen werden, wonach entweder der VfGH-Präsident – bzw. die VfGH-Präsidentin – oder der Vizepräsident – bzw. die Vizepräsidentin – und wenigstens zwei Verfassungsrichter:innen (ständige Referent:innen) ihren Wohnsitz in Wien haben müssen. Angesichts der gestiegenen Mobilität sei diese Vorgabe nicht mehr notwendig, wird dieser Schritt begründet. Außerdem wurde im Zuge der Erhöhung der Eingabegebühren für Beschwerden beim VwGH und beim VfGH mit dem zweiten Budgetsanierungsmaßnahmengesetz auf die Anpassung der Valorisierungsregel vergessen: Das wird nun nachgeholt.
Quelle: Parlamentskorrespondenz Nr. 575